Hintergrund: Was treibt uns zu unserem Vorschlag?

Trotz der heutigen Ressourcen und Klimatrends bereitet sich kaum ein Land ernsthaft auf eine wesentlich knappere Welt vor. Die Situation wird oft als diffuse globale Tragödie interpretiert, die wir als kleine Schweiz nicht angehen können. Wir, im Global Footprint Network, wollen zeigen, dass dieses fatalistische Warten auf andere nicht in unserm Eigeninteresse liegt und es nicht nur möglich sondern für uns vorteilhaft ist, eine nachhaltige Zukunft in die Wege zu leiten.

Wir konnten dank der Stiftung Mercator Schweiz drei Zukunftswerkstätten (oder Labs) zu diesem Thema durchzuführen, um das Thema zu testen und die Relevanz der Ressourceneffizienz aufzuzeigen. Wir konzentrierten uns auf (i) Energie, Versorgungssicherheit und Suffizienz, (ii) Ernährungssicherheit, und in der Synthese auf (iii) «Ressourcensouveränität».

In allen Labs fragten wir: Wie ressourcenabhängig soll die Schweiz sein? Wie viele ‘Schweizen’ soll die Schweiz langfristig nutzen (heute sind es vier)? Wie kommen wir zu unserem Ziel?

Unsere Antwort auf die Frage fassen wir in unserem Vorschlag «Achtung, liebe Schweiz!» zusammen. Konsultieren Sie unseren Vorschlag auf Deutsch, Italienisch, Französisch oder Englisch. Kommentieren Sie, und geben Sie uns feedback. Einfach an mathis.wackernagel(a)footprintnetwork.org schicken.

 

Mehr Details zur unserer physikalischen Weltsicht sind hier zu finden:

Mathis Wackernagel und Bert Beyers. 2016. „Footprint: Die Welt neu vermessen“. Europäische Verlagsanstalt. 250 Seiten. Im Buchhandel erhältlich.

Allgemeines zum Footprint auf der Webseite des Global Footprint Network www.footprintnetwork.org (Die neue Webseite vom Januar 2017 ist nur auf Englisch. Deutsch, Französisch und Italienisch wird bis Ende 2017 ausgebaut).

Hintergrund zum Footprint “Grosser Fuss auf kleiner Erde?” (Die GIZ hat aus unserem Material einen Band für Jugendliche zusammengestellt sowie auch Material auf einer Webseite zur Verfügung gestellt. Auf Französisch, Portugiesisch, Spanisch, Englisch und Deutsch erhältlich).

Video zum Earth Overshoot Day 2016 (5 Minuten auf Deutsch). Ein anderes Video auf französisch oder englisch zu diesem Tag gibt es auch.

Ein detaillierter Bericht und ein Nachhaltigkeitsforum der Schweiz behandeln das Thema Ressourcen und Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz (2014 Bericht von BakBasel und Global Footprint Network für die Schweizer Administration).

 

Schweizer Volksabstimmung zur grünen Wirtschaft vom 25 September 2016

Am 25. September 2016 ging die Schweizer Stimmbevölkerung an die Urne, um über eine weitreichende Initiative abzustimmen: Soll sich die Schweiz auf den Pfad der grünen Wirtschaft begeben? Die von den Mitgliedern der Grünen und der Sozialdemokratischen Partei initiierte Initiative, die auf dem ökologischen Fussabdruck basiert, schlug vor, die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen stärker in die Verfassung des Landes zu integrieren. Somit hätte man bis 2050 als erstes Land sich pro-aktiv auf eine «one planet economy» verwandelt. Eine solche Wirtschaft verbraucht Ressourcen auf einem Niveau, das weltweit repliziert werden könnte.

Die Schweiz verbraucht momentan viermal das, was Schweizer Ökosysteme regenerieren können. Wenn alle auf der Welt wie die Schweizer lebten, würden wir 3,3 Erden brauchen. Um bis 2050 nur eine Erde zu brauchen, müssten die Schweizer ihren durchschnittlichen ökologischen Fussabdruck um mehr als zwei Drittel reduzieren. Der heutige Fussabdruck von 5,1 globalen Hektaren pro Person müsste in einen von höchstens 1,7 globalen Hektaren verwandelt werden. Diese 1,7 globale Hektaren entsprechen der aktuellen Kapazität der weltweit erneuerbaren Ressourcen pro Person. Jedoch wird sich diese Fläche bei einer grösseren Weltbevölkerung weiter verkleinern (Die UNO erwartet ungefähr 10 Milliarden Menschen im 2050 statt der 7,3 heute). Darüber hinaus wäre es auch empfehlenswert, Platz für wildlebende Tier freizulassen.

Weniger als eine Erde zu brauchen ist mit heutiger Technologie möglich und wird für eine stabile Wirtschaft in der Zukunft notwendig sein. Drei Planeten zu beanspruchen ist weniger realistisch. Auch ein einen grossen Unterschied zwischen der Schweiz und anderen Regionen aufrechtzuerhalten kann auch unrealistisch sein. Denn für jeden Schweizer der dreimal mehr braucht als weltweit zur Verfügung steht braucht es mathematisch gesehen drei andere die dreimal weniger als Weltdurchschnitt brauchen. Dieses Gefälle kann sich leicht in Konflikte ummünzen.

Um zu einer «one planet economy» zu gelangen, nutzen wir die einzigartigen Qualitäten, die den Menschen von anderen Lebewesen unterscheidet: Voraussicht und Innovation. Wir können unsere zukünftigen Bedürfnisse vorhersehen, können heute schon beginnen, die Wirtschaft zu reorganisieren, wie wir sie morgen benötigen werden. Und mit der unglaublichen Innovationskraft der Menschen ist das auch erreichbar.

Die Befürworter der Initiative machten deutlich, dass die Schweiz zum Pionier der Nachhaltigkeit werden soll, und dass das den Wirtschaftsstandort Schweiz stärkt. Dafür wurde für ein wegweisendes Wirtschaftsmodell propagiert, nicht nur mit neuen Technologien, sondern auch den dazu notwendigen Leitmassnahmen wie steuerpolitische Reformen, die Löhne weniger belasten, dafür aber mehr die Nutzung natürlicher Ressourcen.

Die Initiative wurde hart umkämpft. Der Bundesrat und das Parlament sprachen sich offiziell gegen sie aus. Sie argumentieren, dass 2050 ein zu kurzfristiges Ziel sei, um innerhalb der Ressourcenmöglichkeiten einer Erde zu leben. Ein zu schnelles Anpassen würde die Schweizer Wirtschaft gefährden. Die Regierungsargumente finden Sie hier. Im Gegensatz befürchten die Befürworter, dass ein Nichtanpassen an diese physische Realität eine noch viel grössere Gefahr für die Schweizer Wirtschaft darstellt.

Wenn die Schweiz und die Welt das 2015 in Paris festgelegte Klimaziel von 2 ° C erreichen wollen, wäre ein Ausstieg aus fossilen Energieträgern vor 2050 nötig. Eine Reduktion des CO2 –Fussabdrucks auf null, unter Annahme, dass sich der Rest des ökologischen Fussabdrucks nicht ändern würde, führt zu einer 75% Reduktion. Damit wäre das Ziel der Schweizer Initiative bereits mehr als erfüllt. ETH Zürich Professor Anton Gunzinger zeigt, dass dies möglich und sogar wirtschaftlich vorteilhaft ist. (www.kraftwerkschweiz.ch).

Die Initiative zur grünen Wirtschaft kam beim Stimmvolk nicht durch. Immerhin wollten 36% der Wähler eine solche grüne Wirtschaft. Jedoch bestätigt die VOTO-Studie, welche das Verhalten der Wähler analysierte, dass die Initiative viel Zustimmung bei den jüngeren und gut informierten Wählern fand. Besonders solche mit höherer Ausbildung befürworteten das Anliegen der Initiative.

Nun bleibt die Frage: Welche Art von Wirtschaft wird uns im Jahr 2050 am besten dienen, angesichts der globalen Ressourcentrends? Übrigens, wenn Sie heute unter 50 Jahre alt sind haben Sie gute Chancen, das Jahr 2050 mitzuerleben.

Die VOTO Studie identifizierte viele verschiedene Motive, die alle zusammen zu einer Ablehnung führten. Dennoch erhielt die Initiative viel Sympathie, auch bei Leuten, die die Initiative schlussendlich ablehnten. Laut VOTO findet «clean tech» eine hohe Zustimmung bei der Bevölkerung. 65% der Bevölkerung glauben, dass wirtschaftliche Entwicklung und Umweltschutz zusammenpassen kann, wenn wir uns auf grüne Wirtschaftsstrategien einlassen.

Aber: Braucht die Schweiz trotz abgelehnter Initiative einen Wandel? Wie schnell kann ein solcher Wandel in die Wege geleitet werden? Wäre ein solcher Wandel zu kostspielig und zu unbequem (wie die Gegner argumentieren) oder ist er eine wirtschaftliche Notwendigkeit für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz (wie die Befürwortern argumentieren)? Und könnte er mit Veränderungen, ohne Reduktion unserer Lebensqualität (wie von den Befürwortern verkündet) erreicht werden, oder würde der Wandel zu einer inakzeptablen Belastung für die heute lebenden Schweizer führen (wie es die Gegner behaupten)?

Weiterführende Referenzen

VOTO Analyse – wer war dafür, wer dagegen? Deutsche Kurzversion: http://www.defacto.expert/2016/11/11/voto-de/

VOTO Analyse Detaillierte Studie: http://www.voto.swiss/wp-content/uploads/2016/11/VOTO-Studie-25.9.2016-DE.pdf

Die Grüne Wirtschaft, in den Worten des Schweizer Bundesamts für Umwelt (BAFU)

Interview mit Mathis Wackernagel in der Berner Zeitung (August 2016) und Kommentar im Tages-Anzeiger (September 2016).

 

Beschreibung unserer drei Events, zur Vorbereitung unseres Vorschlags

Energy Lab

Food Lab

Ressourcensouveränität

 

Danksagung

Dieses Projekt wäre ohne die grosszügige Unterstützung von der Stiftung Mercator Schweiz und der Paul Schiller Stiftung nicht möglich gewesen. Der leidenschaftliche und tatkräftige Einsatz der Mitarbeiter des Global Footprint Networks haben den Inhalt, die Labs, und die Webseite ins Leben gerufen. Wir danken Michel Gressot, Martin Halle, Sebastian Winkler, Derek Eaton, Karin Hess, Amanda Diep, Ronna Kelly, Laetitia Mailhes, Serena Manchini, Alessandro Galli, Mathis Wackernagel, und besonders auch Ingrid Heinrich für ihr ausserordentliches organisatorisches Talent.